Ein Rentner
Ein Rentner zeigt sich sehr galant,
ist vital und amüsant.
Beweist Köpfchen, Charme und auch
Interesse.
Auf Witwen-Fang glänzt er durch
Raffinesse.
Ulrike Schmidt
Eiszapfen
Der Ostwind lässt die Flocken tanzen.
Bringt Eis und Schnee in unser Land.
Zapfen hängen eisig von den Bäumen
und lassen von weißen Winternächten träumen.
Cornelia Biermann
November-Blues
Die Buhnenkette ragt weit ins Meer.
Möwen hocken darauf,
sie lachen mich aus.
Der Himmel über mir
zeigt sich grau und zerfranst.
Die Wellen rollen sich glanzlos
und träge an den Strand.
Wie eine Statue stehe ich im Sand,
halt mein müdes Herz fest in der
Hand.
Nun hat das Lachen der Möwen
den Wind aufgeschreckt.
Sein sanfter Atem hat verborgene Gefühle erweckt.
Doch unaufhaltsam tickt
der Zeiger meiner verbleibenden Zeit.
Ich fühle mich in einem Labyrinth
der Unwirklichkeit.
Verwirkt die Leichtigkeit
vergangener Tage.
Ich wandere durch die wortlose Stille,
als das Licht des Tages in den Abend übergeht.
Ulrike Schmidt
Winterspaziergang am Berger See
Tagelang ist Schnee gefallen in dicken, schweren Flocken. Nun ist der Abendhimmel wieder weit und klar. Langsam und mit Vorsicht setze ich meine Schritte; unter den Füßen knirscht das überfrorene Weiß. Innehaltend lasse ich meinen Blick schweifen. Ein Hauch von Eis bedeckt die Randbereiche des nächtlichen Sees, auf dessen glatter Oberfläche sich die Lichter der am gegenüberliegenden Ufer stehenden Häuser spiegeln. Die Temperaturen sind in den zweistelligen Minusbereich gefallen und klirrende Kälte kriecht mir in alle Knochen. Der Winter hat die Herrschaft übernommen in jeder Beziehung und ich stehe hier allein im Sternenlicht.
Susanne Weppner-Belz
In den Nächten
In den Nächten knirscht das Eis.
Der Winter ist gekommen.
Hat die Farbe grün
von Strauch und Baum genommen.
Weiß, weiß, weiß mit Sternenglanz
leuchtet uns entgegen.
Leise fällt der Flockentanz
nun auch auf unseren Wegen.
Cornelia Biermann
Wahl – Wal
Wir haben die Wahl.
Oder jagen wir den Wal?
Es laufen alle einer Wunschvorstellung nach.
Auch bei unseren Wahlen.
Wir erwarten das Beste und fürchten das Schlimmste.
Wir wählen das, was uns die größte Beute verspricht.
Wir könnten auch einen weißen Wal jagen.
Wahrscheinlich wäre das einfacher.
Den weißen Wal gibt es eventuell.
In einer Welt von Kompromissen
wird die singuläre Beute nicht zur Strecke gebracht.
Aber die beste aller Welten steht doch als Ziel vor Augen.
Und es steht zu hoffen, dass die Verblendung
mit dem Kompromiss zwar unzufrieden ist,
aber für das große, hehre Ziel nicht alles vernichtet.
Andreas Belz
Herbstgedanken
Silbern umrandet perlen die Tage.
Ein magisches Spiel
zwischen
Leben, Glück und Trauer beginnt.
Es ergießt sich durch die
graue Zeit.
Stumm verliert sich das Ich.
Unbeirrt,
wie ein durch die Jahre
mürbe
gewordener Faden,
löst es sich einfach auf.
Ulrike Schmidt
Rampenlicht
Wir leben auf dünnem Eis,
das uns dennoch trägt.
Wir laufen auf Eierschalen,
die nicht brechen.
Wir tanzen auf dem Drahtseil,
doch die luftige Höhe ist nur Illusion.
Tritt einen Schritt daneben
und du stehst auf festem Grund.
Susanne Weppner-Belz
Gärten der Sprache
In den Gärten der Sprache
bleibt Gedachtes nicht ungesagt.
Worte bekommen Flügel und haben die Gabe,
sich in die Herzen der Menschen zu setzen.
Etwas zu bewegen, und sei es auch nur:
ein Lächeln auf Gesichter zu zaubern.
Cornelia Biermann